Audi 80 (1972-1991) Historie, Kaufberatung, Preise
Leichtbau-Millionär wird 50
Nur 835 Kilogramm wiegt der erste Audi 80. Er wird 1973 Auto des Jahres, für Audi zum Erfolg – und später zum Technologieträger.
30.06.2022 Andreas Of-Allinger, Alf CremersAls Audi 1972 den 80 präsentiert, ist die Limousine kürzer als viele heutige Kompaktautos: 4,18 Meter Länge reichen damals für die Mittelklasse. Leicht ist die neue Baureihe aber nicht nur wegen ihrer Kürze, sondern auch weil Entwickler Ludwig Kraus bei jedem Teil aufs Gewicht achtete: 835 Kilogramm wiegt der Zweitürer. Das passt perfekt in die Zeit, denn 1973 zwingt die Ölkrise zum Spritsparen. Für Audi läuft das erste volle Verkaufsjahr des neuen Modells ausgezeichnet: Die Fachpresse wählt den 80 zum "Auto des Jahres".
Auch der erstmals im Audi 80 eingesetzte Motor ist ein Erfolgsmodell, das im gesamten VW-Konzern noch lange als Maß der Dinge gelten wird: EA 827 heißt der Vierzylinder intern. Der ist mit obenliegender, per Zahnriemen gesteuerter Nockenwelle und Tassenstößeln modern konstruiert und hat Potenzial für mehr. Ab 1975 treibt er zum Beispiel mit 110 PS aus 1,6 Litern Hubraum den ersten Golf GTI an. Doch zunächst bescheidet er sich mit 1,2 bis 1,5 Litern Hubraum und 55 bis 100 PS.
TDI ab 1991 im B4
Der Motor im Golf I Diesel ist ebenfalls ein EA 827 – mit längerem Hub, größerer Bohrung und Direkteinspritzung wird der sogar zum TDI. Auch im Audi 80 B4 begeistert dieser Motor ab 1991 Spritsparer mit seiner Drehmomentwucht.
Aber schon Mitte der Siebziger lässt sich der EA 827 einen Zylinder anhängen, wird zum EA 828 und damit turbogeladen zum Antrieb des Audi Quattro. Der ja, wie wir alle wissen, auf Basis des Audi Coupé entstand, das technisch eng mit dem Audi 80 verwandt ist.
Bis zum Produktionsende im Sommer 1978 produziert das Werk in Ingolstadt mehr als eine Million Audi 80 B1. Weil die Kapazität im heimischen Werk nicht ausreicht, wandert die Produktion zeitweise nach Wolfsburg und Emden aus. Dort trifft der Audi 80 auf einen engen Verwandten: Volkswagen hat aus dem Mittelklasse-Audi den Passat gemacht. Die Karosserie-Varianten Schrägheck und Komi machen den Unterschied, einen Audi 80 Avant wird es erst 1991 geben.
Schon in der ersten Generation tritt der GTE zeitgemäß sportlich auf: Mit mattschwarzer Haube kommt die Limousine sportlich daher und dank 110 PS flott aus dem Quark. Ein erster Hinweis auf den sportlichen Ehrgeiz der Marke, weitere Beispiele werden folgen.
Quattro ab 1982 im B2
Schon der B2 legt mit Fünfzylinder und Quattro-Antrieb ab August 1982 deutlich zu: Am Heck trägt das Topmodell Doppelauspuff und Spoilerlippe. Mit dem Facelift 1984 bekommt der bis dahin eher filigrane Audi 80 größere Scheinwerfer und Rückleuchten, strebt mit dem Nobelableger 90 nach oben. Die ersten Motoren bekommen Katalysatoren.
CW 0,29 ab 1986 im B3
Der B3 kommt 1986 mit aerodynamisch optimierter Karosserie aus vollverzinkten Blechen: Mit seinem CW-Wert von 0,29 untertifft er den zwei Jahre zuvor erschienen Audi 100 noch einmal um ein Zehntel. Auf 1,8 Liter Hubraum gebracht und mit 16V-Zylinderkopf bringt es der brave EA 827 auf 137 PS, ist damit so stark wie der 2,1-Liter-Fünfzylinder im Audi 90, den es ebenfalls wieder gibt und der gegen BMW 320i sowie Mercedes-Benz 190E 2.3 antritt. Gegen M3 und 190E 16V hat Audi noch kein Mittel – doch das ändert sich bald.
Denn 1991 erschient mit dem neuen – und letzten – Audi 80 ein Auto, das ein paar Nachteile des Vorgängers beseitigt: Der Kofferraum ist keine Höhle mehr, sondern schön glattflächig und die breitere Spur lässt ihn stämmiger auf den nun 15 Zoll großen Rädern stehen. Wie BMW und Mercedes bietet nun auch Audi in der Mittelklasse einen Sechszylindermotor an: Den neuen V6-Motor gibt es zunächst mit 2,8 Litern Hubraum auch im Audi 100 – später löst die 2,6-Liter-Version den legendär gewordenen Fünfzylinder ab. Mit Avant und Cabrio kommen zwei Karosserievarianten dazu. Das Cabriolet erlebt sogar noch die Jahrtausendwende und wird bis September 2000 bei Karmann in Rheine gebaut.
Die Produktion der Limousine endet 1994. Porsche baut anschließend 2981 RS 2 Avant. Nicht der letzte Audi 80, aber der stärkste – und sicher lustigste.
Karosserie-Check
Im Gegensatz zu ihren Nachfolgern war die zweite Audi-80-Serie noch nicht verzinkt, weshalb die Karosserie besonders gründlich geprüft werden muss. Insbesondere Modelle vor dem Facelift von 1984 rosten oft heftig, die letzten Baujahre wurden dann etwas besser konserviert. Zum Standard-Check gehören Kotflügel, Stehbleche im Motorraum, Unterboden und Türunterkanten; besonderes Augenmerk verdient der vordere Hilfsrahmen, der auch als Motorträger dient und der bei manchen Fahrzeugen völlig marode ist.
Technik-Check
Die Motoren halten ewig, wichtig ist es aber, auf den rechtzeitigen Wechsel des Zahnriemens zu achten, insbesondere bei den höher verdichteten Benzinern, die keine Freiläufer sind. Dasselbe gilt bei den Dieselmodellen, die aber nahezu ausgestorben sind. Fahrzeuge mit Bosch K- beziehungsweise KE-Jetronic können auf längere Standzeiten empfindlich reagieren. Im Alter können die Getriebelager verschleißen und dann mahlende Geräusche verursachen.
Die Zeiten, als frühe Audi 80 für kleines Geld beim Fähnchenhändler standen, sind vorbei. Dennoch ist der Einstieg in einen B2 mit 85-PS-Vierzylinder vergleichsweise günstig: 5.400 bis 7.200 Euro notiert Classics-Analytics für ein gut erhaltenes Exemplar. Ein mäßiger 80 1.6 kostet 800 bis 1.000 Euro. Fünfzylinder kosten erheblich mehr: Einen 115 PS starken 1.9 S listen die Preisbewerter mit 9.800 bis 13.200 Euro. Noch teurer wird's, wenn's ein Audi 90 sein soll: Der kannn als Quattro mit 136-PS-Fünfzylinder in gutem Zustand knapp 20.000 Euro kosten.
Günstiger gelingt der Einstieg, wenn es ein B3 sein darf: Der kostet als 1.8S mit 90-PS-Vierzylinder zwischen 3.600 und 4.800 Euro.
Seltenheits- und Porsche-Zuschlag werden für einen Avant RS2 fällig: Der kostet laut Classic-Analytics in gutem Zustand zwischen 52.700 und 71.300 Euro - dafür gäbe dann auch schon einen Porsche 964.
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Wertungen
Fazit
Was für eine Karriere: Vom braven 1,3-Liter mit 55 PS bis zum RS 2 Avant mit 315 PS aus einem Fünfzylinder-Turbo, den Porsche aufgezwirbelt und gebaut hat. Der Audi 80 hat in seiner Karriere bewiesen, dass er nicht nur Biedermann, sondern auch Brandstifter kann. In den Siebzigern mit mattschwarzer Motorhaube, zwanzig Jahre später mit Cuprädern und Blinkern vom Porsche 964. Doch die meisten wird er mit bravem Vierzylinder motorisiert haben. Verbreitung erfuhr der Audi 80 jedoch auch als Passat. So gesehen fuhren manche vielleicht einen Audi 80, ohne es zu ahnen.