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Cadillac XT4 (2018) Fahrbericht

Unterwegs mit dem neuen kompakten Luxus-SUV

Mit dem XT4 macht Cadillac luxuriösen Kompakt-SUV Konkurrenz. Wir waren mit dem 240 PS starken Luxus-Crossover in den USA unterwegs.

Cadillac XT4 (2018) Fahrbericht Foto: Cadillac 25 Bilder

In den USA sorgt es durchaus für ein bisschen Aufruhr, wenn Cadillac sich in die Niederungen der Kompakt-SUV-Klasse hinab begibt. Schließlich wird die Marke in diesem Segment im wesentlichen immer noch vom Escalade bestimmt, einem 5,2 Meter langen Großkreuzer. Doch der neue Cadillac XT4 ist über einen halben Meter kürzer und 25 Zentimeter niedriger als das Cadillac-Flaggschiff, dem er nicht nur dimensional einiges voraus hat.

Auch die Optik des neuen Cadillac XT4 wirkt weit weniger wuchtig und dominant. Zwar übernimmt der neue Cadillac XT4 die markentypische Formensprache mit der fast senkrechten großflächigen Front und dem kecken Mittelknick im vorderen und hinteren Karosserieblech. Die generelle Linienführung ist dem etwas größeren XT5 recht ähnlich. Doch die Silhouette mit knackig-kurzen Überhängen, beinahe schon filigran gezeichneten Leuchteinheiten und der nach hinten abfallenden Dachlinie ist auch außerhalb der USA geschmackskompatibel.

Fahrbericht: Kompakter Luxus-SUV von Cadillac

Cadillac XT4 (2018) Fahrbericht Foto: Steve Fecht
Redakteur Thomas Hellmazik fuhr den XT4 in Seattle.

Die Fahrveranstaltung fand im Nordwesten der USA in Seattle statt – in direkter Hotelnähe heißt ein Laden „The Berliner Döner Kebab“, in anderen wird völlig legal Gras verkauft und eine Kneipe mit Köstritzer-Schirmen macht Werbung für ihre Oktoberfestveranstaltung. Multikulti und Freizügigkeit scheint hier normal – weniger freizügig sind sie in Washington mit ihren Tempolimits: 65 Meilen pro Stunde, das sind 105 km/h. Zum Highway gondeln wir stadtauswärts über Steigungen, wie man sie aus San Francisco kennt. Da musst du mit recht viel Gas anfahren – so viel, dass es bei dem Regen gleich sinnvoll ist, den optionalen Allradantrieb (2.500 US-Dollar Aufpreis) über den „AWD“-Modus zu aktivieren. Mit der Berganfahrhilfe startet der XT4 geschmeidig wie kräftig, denn der Turbo steht schon im niedrigen Drehzahlbereich zügig parat.

Nicht ganz so zügig, aber auch geschmeidig, schaltet die GM-Neungangautomatik, deren Gänge drei bis fünf besonders eng abgestuft sind. Das Getriebe versteht die 350 Newtonmeter einzusetzen, fängt nicht gleich mit wildem Hin- und Herschalten an, wenn etwas mehr Leistung abgerufen wird. Der Crossover Touring 4 (XT4) lässt sich so entspannt zu der ans Stadtzentrum angebundenen Autobahn fahren.

Weil wir zu zweit sind, dürfen wir dort auf der Fahrgemeinschaftsspur fahren: Radartempomat auf 65 Meilen pro Stunde einstellen und in die größtenteils aus SUV und Pickups bestehende Kolonne einreihen. Ohne große Tempoänderungen rollen wir so bequem gefedert die Interstate 5 entlang. Dabei bestimmt der recht laute Allwetterreifen Continental ProContact TX (235/60 R18, optional 245/45 R20) die ansonsten ruhige Geräuschkulisse – für uns kein Problem, denn Cadillac stattet die Autos für den europäischen Markt mit richtigen Sommerreifen aus. Und verbaut hoffentlich anständige Außenspiegelgläser, denn die im amerikanischen Modell haben nicht nur keinen asphärischen Teil, sondern sind scheinbar gar nicht gewölbt – selbst riesige Amischlitten verschwinden so im toten Winkel (ja, der Totwinkelassi warnt davor).

Kamera statt Innenspiegel

Cadillac XT4 (2018) Fahrbericht Foto: T. Hellmanzik
Cooles Teil: Der Innenspiegel ist ein Monitor, das Bild kommt von einer Kamera.

Teil des Sichtpakets (1.500 US-Dollar Aufpreis) ist der Monitorspiegel, der über die gesamte Fläche des Innenspiegels ein Kamerabild darstellt. Damit kannst du an der Ampel über zwei Zoomstufen die Leute hinter dir besser beobachten – oder halt einen freien Blick auf die Straße hinter dem Auto bekommen. Die Darstellung ist sauber (wir sind nur tagsüber gefahren), dennoch ist der Spiegel gewöhnungsbedürftig, da die Augen den Bildschirm bei jedem Blick auf ihn zunächst fokussieren müssen. Empfehlenswert ist er insbesondere, wenn oft viel Gepäck gestapelt wird – außerdem kann er über einen Schalter als normaler Spiegel benutzt werden.

Ein weiteres Cadillac-Feature sind die Vibrationswarnungen über den Sitz, etwa um beim Ausparken vor Querverkehr zu warnen. Die gemütlichen Ledersitze sind gut einstellbar – leider kann die elektrisch verstellbare Lenksäule für eine optimale Sitzposition nicht weit genug ausgefahren werden. Grundsätzlich fühlt man sich im schick gestalteten und durchaus hochwertigen Interieur jedoch wohl. Auch die hinteren Passagiere haben genügend Beinfreiheit, müssen sich allerdings mit einer relativ steilen Rückenlehne anfreunden. Praktisch: Wenn die 60:40-Lehnen umgeklappt sind, ist der Laderaum inklusive der Ladekante bis in den Innenraum nahezu flach und übergangsfrei.

Fahrdynamik? Ja, aber

Bequem, praktisch, gut funktionierender Antriebsstrang – alles gut. Nur hat Cadillac doch aber behauptet, ihr neuer Crossover-SUV könne auch Kurven. Mittlerweile sind wir in Tacoma angekommen – auf der Strecke hier gibt es viele unterschiedliche Kurvenradien auf Steigungen und Gefällen, die durch kurze Geraden verknüpft sind. Richtig stark. Problem: 25 Meilen pro Stunde ist hier das Tempolimit. 40 km/h. Da kommst du dir einwandfrei verschaukelt vor. Ob die das ernst meinen? Okay, sprichwörtlich Augen zu und durch – nur mal kurz testen. Erkenntnis: Kurven kann er auch nach europäischem Verständnis. Die Lenkung ist relativ leicht abgestimmt, fühlt sich auf den wenigen Testkurven aber vernünftig an. Außerdem wankt der XT4 nur in passendem Maße, untersteuert spät und macht dank Mehrlenkerhinterachse auch über Fahrbahnunebenheiten in den Ecken keinen Humbug. Auch der Motor hinterlässt bei dem kurzen Fahrdynamiktest einen anständigen Eindruck, hängt spontan am Gas und lässt den Kompakt-SUV adäquat motorisiert wirken. Aber wir probieren das lieber in Deutschland nochmal aus.

Motor: 2.0 Turbo, Automatik

Vorläufiger Standardmotor für den neuen Cadillac XT4 wird ein Zweiliter-Turbobenziner, der sowohl über variable Ventilsteuerung als auch über Zylinderabschaltung im Schiebebetrieb verfügt, für Cadillac in dieser Kombination ein Novum. Der Vierzylinder erreicht nach SAE-Norm 237 PS und 350 Newtonmeter Drehmoment, das einzige verfügbare Getriebe ist die neunstufige Hydramatic 9T50-Automatik. Im kombinierten US-Zyklus soll der Cadillac XT4 damit einen Durchschnittsverbrauch von 8,7 Liter erzielen. Einen automatischen Allradantrieb gibt es gegen Aufpreis. Vor allem bei der Bedientechnik und den Interfaces hat Cadillac modernisiert. So gibt es nun einen Drehdrücksteller zur Bedienung des Multimediasystems, Ambientelicht, eine 15-Watt-Ladestation für kabelloses Laden von Mobiltelefonen, einen neuen Acht-Zoll-Farbmonitor mit HD-Auflösung und die sogenannte Near Field Communication (NFC)-Technik. NFC-fähige Mobiltelefone – die meisten aktuellen Modelle wie Samsung Galaxy S9 oder Apple iPhone X beherrschen diese Technik – lassen sich dadurch besonders einfach mit dem Multimediasystem des Cadillac XT4 koppeln.

Abmessungen, Preise und Fazit

Die Abmessungen mit 4,59 Meter Länge, 1,88 Meter Breite und 1,63 Meter Höhe lassen den neuen Cadillac XT4 als Crossover durchgehen. Zum Vergleich: Ein aktueller Toyota RAV4 fällt voluminöser aus. Das Leergewicht von rund 1,66 Tonnen ist für einen Cadillac ebenfalls ungewohnt. In den USA wird der Cadillac XT4 im Herbst 2018 auf den Markt kommen und je nach Ausstattungsversion zwischen rund 35.000 und rund 57.000 US-Dollar kosten. Zu welchem Preis der Cadillac XT4 nach Deutschland kommt, steht noch nicht fest.