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Erdgas-Autos von Audi, Mercedes, Opel und VW

Billiger als Diesel, sauberer als Benziner

Die Diskussion um Schummelsoftware und Feinstaubprobleme auch bei Direkteinspritzer-Benzinern hat den Blick auf saubere Alternativen gelenkt. Erdgas ist eine davon – und nicht die schlechteste, wie vier deutsche CNG-Autos zeigen.

Audi A5 Sportback g-Tron 2.0 TFSI, Mercedes B 200 c, Opel Zafira 1.6 CNG, VW Golf TGI, Exterieur Foto: Hans-Dieter Seufert 43 Bilder

So billig fahren wie mit einem Diesel und dabei sauberer als mit einem Benziner: Im Zuge des Dieselskandals rücken mit Gas betriebene Autos wieder stärker in den Fokus der Käufer. Wir machen uns mit vier Erdgasmodellen aus verschiedenen Klassen auf den Weg und erkunden, wo es gegenüber vergleichbaren Benzinern noch Nachholbedarf gibt. Ebenso rechnen wir auf Basis des NEFZ-Verbrauches und eines Preisvorteils von 21 Cent gegenüber Super E10, ab welcher Jahreskilometerleistung sich das teurere CNG-Auto lohnt. Denn die alternative Antriebstechnik kostet natürlich, und mit gut 900 Tankstellen ist das deutsche CNG-Netz noch nicht so dicht gewoben, dass sich ein Hersteller trauen würde, ein reines Erdgas-Auto anzubieten.

Das Zauberwort heißt „bivalent“ und bedeutet: Zur kompletten Benzinertechnik sitzt in den vier auf den folgenden Seiten behandelten Autos noch einmal eine komplette Gas-In-frastruktur. Das treibt die Preise und kostet – wie wir sehen werden – Zuladung und Platz. Das Schöne an Erdgas-Autos aber ist: Sie funktionieren so gewohnt wie Benziner. Hybride benötigen mehr Eingewöhnung mit ihrem immer wieder an- und abschaltenden Motor und ihrem zum Teil trägen Fahrverhalten, weil die schweren Akkus eben die Agilität beschneiden. Und reine E-Autos sind wegen des dünnen Ladenetzes noch längst nicht reisetauglich. Davon kann bei CNG-Autos keine Rede sein. Business as usual eben – fast zumindest, doch sehen Sie selbst.

Audi A5 Sportback g-Tron 2.0 TFSI, Exterieur Foto: Hans-Dieter Seufert
170 PS bietet der A5 g-tron – 20 PS weniger als der Einstiegsbenziner. Der Zweiliter-Turbo-Direkteinspritzer wirkt obenheraus wie ein Drosselmotor, erfreut aber mit ordentlicher Durchzugskraft.

Audi: alles fast normal

Der 170 PS starke Zweiliter-Direkteinspritzer des A5 Sportback g-tron hält 20 PS Respektabstand zum Einstiegsbenziner mit 190 PS, kostet aber mit der zusätzlichen Gas-Technik 2.750 Euro mehr. Wer gern einen ausgedehnten Streifzug durch die lange Preisliste macht, kann den Grundpreis locker um 25.000 Euro pushen. Allerdings steht für den g-tron nicht das ganze Angebot zur Verfügung: Sportfahrwerk, Panoramadach, adaptive Dämpfer oder Standheizung gibt es für ihn nicht, dafür kommt er – das haben nicht alle A5 serienmäßig – mit rollwiderstandsoptimierten Reifen und dem farbigen Info-Display hinterm griffigen Lederlenkrad.

Der Motor – bis auf einen etwas grummeligen Kaltstart-Leerlauf ist er laufruhig und durchzugsstark – wirkt obenheraus nicht ganz so frisch und frei drehend wie die Benziner; er hat eher die bullige Charakteristik eines Drosselmotors. Ansonsten gilt: Dass da Gas verbrannt wird statt Superbenzin, fällt nur auf, wenn an der Zapfsäule nicht der große Stutzen, sondern das kleine Ventil direkt daneben genutzt wird.

19 kg Erdgas fassen die Tanks unterm Kofferraum, dessen Volumen daher um 90 Liter schrumpft; die erlaubte Zuladung des g-tron beträgt mit 483 nur 22 Kilogramm weniger als beim 190-PS-Benziner – Peanuts. Auch der Verbrauch des Fronttrieblers, der in 8,9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und 224 km/h Spitze erreicht, geht in Ordnung: Auf der Eco-Runde genügen dem geräumigen und agilen, aber ziemlich straff anfedernden Audi 4,0 Kilogramm CNG, der Testverbrauch liegt bei 5,4 Kilogramm.

Daraus ergibt sich eine Reichweite von 351 Kilometern, bis bei leeren Gastanks automatisch der auf 25 Liter geschrumpfte Benzintank angezapft wird. Das reicht dicke als Notreserve, denn der Sinn des g-tron ist ja schließlich, möglichst oft Gas zu verfeuern und dadurch bei minimalen Betriebskosten ein elegantes Viertürer-Coupé mit Platz für vier und all dem Komfort und der Sicherheit eines A5 zu bewegen.

Pro 100 Kilometer spart er gegenüber dem Benziner rund drei Euro, der g-tron-Mehrpreis rechnet sich daher bei dreijähriger Haltedauer schon bei 10.000 Kilometern pro Jahr.

Mercedes B 200 c, Exterieur Foto: Hans-Dieter Seufert
Die B-Klasse für Gas-Tanker gibt sich durch angesetzte Kotflügelverbreiterungen zu erkennen. Vor der Hinterachse ist die Bodenfreiheit nicht sehr üppig.

Mercedes: höher und flacher

Der Käufer eines Mercedes B 200 c muss hingegen schon 15.000 Kilometer pro Jahr fahren, um gegenüber dem ebenfalls 156 PS starken Benziner B 200 in die Gewinnzone zu fahren. Denn der ist fast 3.900 Euro billiger als der Erdgas-Ableger, der noch weitere Abstriche erfordert.

Zwar betont Mercedes die Cleverness der B-Klasse, die durch das Karosseriekonzept „Energy Space“ auf ein Leben als Elektroauto oder Fahrzeug mit bivalentem Antrieb vorbereitet sei. Denn Energy Space erlaube es ohne großen Aufwand, den Boden unter den Rücksitzen doppelt auszuführen, um dort die entsprechenden Komponenten unterzubringen.

Nun, das stimmt – aber eben nicht so ganz. Positiv ist auf jeden Fall, dass die Gastanks unter den Vorder- und Rücksitzen platziert und damit bei einem Crash gut geschützt sind. Doch mit dem Raumgewinn durch Energy Space ist es nicht weit her: Statt 1.547 Litern beträgt das maximale Kofferraumvolumen des B 200 c nur 1.456 Liter – und die Fondpassagiere erkennen den Erdgas-Benz auch daran, dass ihre Sitzbank und der Boden darunter dem Dachhimmel erheblich näher gerückt sind: Gut zehn Zentimeter Innenhöhe hat die Erdgas-Variante hinten eingebüßt, und die Mitfahrer müssen die Knie stark anwinkeln. In der Normalo-B-Klasse sitzt man deutlich bequemer.

Einschränkungen gibt es auch bei der Variabilität, denn die verschiebbare Rückbank (672 Euro) ist für den zehn Millimeter höhergelegten Erdgas-Benz mit den billig wirkenden Kotflügelverbreiterungen ebenso wenig erhältlich wie integrierte Kindersitze. Adaptivdämpfer zum Erweichen des auf Dynamik erpichten Fahrwerks oder LED-Scheinwerfer? Fehlanzeige. Was es dagegen gibt, sind ausreichend Leistung bei gerade noch akzeptablem Verbrauch (5,6 kg/100 km) und ein für den Notfall mit zwölf Litern Volumen reichlich klein dimensionierter Benzintank.

Opel: nur mit der Ruhe bitte

Der des Zafira CNG, der in Rüsselsheim bei der Special Vehicles GmbH aufgebaut wird, fasst mit 15 Litern nicht wesentlich mehr, doch der Opel kann immerhin 25 Kilogramm Erdgas bunkern. Diesen Vorrat braucht der 4,67 Meter lange Van auch, denn mit 6,2 kg/100 km kommt er auf den höchsten Testverbrauch.

Opel Zafira 1.6 CNG, Interieur Foto: Hans-Dieter Seufert
Trotz der Unterflur-Gastanks gibt es auch den Erdgas-Zafira mit sieben Sitzen und gewohnter Variabilität.

Nur im Zafira kann der Fahrer per Taste wählen, ob er auf Gas oder Benzin fahren will – eine sinnvolle Option, denn Opel empfiehlt für Dauervollgas oder sonstige hohe Belastung den Benzinmodus. Doch egal womit man gerade unterwegs ist: So richtig flott geht es nicht voran, der relativ kleine Motor gibt sich durchzugsschwach. Voll besetzt in die Berge – dieser Gedanke weckt alles andere als Vorfreude.

Positiv ist, dass die Variabilität durch den bivalenten Antrieb nicht eingeschränkt wird. Auch den Zafira CNG gibt es mit sieben Sitzen, und die mittlere Reihe lässt sich verschieben und klappen wie gewohnt. Das Platzangebot sowie der 710 bis 1.860 Liter fassende Kofferraum bleiben unverändert, die Zuladung schrumpft beim Siebensitzer um vernachlässigbare zwölf Kilogramm.

Die universelle Einsetzbarkeit des ziemlich straff federnden Zafira leidet also nur minimal durch die Wahl der CNG-Variante, doch muss der Käufer auf einige sinnreiche Extras verzichten: Die rollbare Konsole im Innenraum, das clevere LED-Licht, Abstandsregeltempomat, Totwinkel- assistenz oder adaptive Dämpfer sind nicht lieferbar. Das und der müde Motor trüben das Bild des bivalenten Zafira, der allerdings nur 2.150 Euro mehr kostet als der 1,4-Liter-Benziner mit 140 PS. Daher fährt auch sein Käufer schon nach 10.000 Kilometern pro Jahr in die Gewinnzone, obwohl der Zafira CNG bei der Haftpflicht vier Typklassen höher einge- stuft ist als der 140-PS-Benziner.

VW: alles wie gewohnt

Nun sind für den Golf 1.4 TGI am wenigsten Zeilen übrig geblieben. Das passt aber ganz gut, denn sonderlich viel muss man über dieses Erdgas-Angebot von VW nicht sagen. Denn der generell viertürige TGI ist ein so erfreulich gutes Auto wie jeder andere Golf auch und fordert lediglich beim Kofferraumvolumen einen Tribut: Statt 380 bis 1.270 Liter fasst der Gepäckraum nur 291 bis 1.181 Liter. Der Ladeboden liegt eben wegen des Gastanks im Heck noch höher als der variable Ladeboden der Normalversionen in der obersten Position.

15 Kilogramm Gastank-Volumen – das ist nicht wirklich viel, doch mit einem Testverbrauch von nur 4,7 kg/ 100 km knausert der Golf hier auch am effektivsten. Kein Wunder, weil er nur 110 PS hat? Schon richtig, und das leichteste Auto dieser Runde ist er auch. Aber was er mit diesen 110 quicklebendigen PS anstellt, ist eine wahre Freude. Der Vierzylinder- Turbo hängt frisch am Gas, zieht willig durch, dreht fröhlich hoch und macht schlicht Spaß. Denn laufruhig und gut klingend ist er obendrein.

VW Golf TGI, Exterieur Foto: Hans-Dieter Seufert
Durch den großen Benzintank wird der Golf zum Gesamtreichweitenkönig. Der Gastank unterm Kofferraum ist mit 15 Kilogramm eher knapp bemessen.

Gegenüber dem ebenfalls 110 PS starken 1.0 TSI beträgt der Mehrpreis des stets viertürigen TGI jedoch 4.550 Euro, was nicht wirklich der Absatzförderung dient. Er reduziert sich zwar um 900 Euro, wenn man den kleinen, sympathisch trommelnden Dreizylinder ebenfalls in Kombina- tion mit vier Türen bestellt, doch ganz wegdiskutieren lässt sich dieser Aufschlag für mehr Hubraum bei identischem Drehmoment nicht.

Den Mehrpreis reinzusparen, dauert also: Mindestens 20.000, besser 25.000 km pro Jahr müssen es schon sein, ehe der TGI sich nach drei Jahren amortisiert. Dass er hier der König der kombinierten Reichweiten ist, weil sein Benzintank das volle Volumen von 50 Litern behalten hat, spielt keine Rolle. Denn sparen tut der Kunde nur im Gasbetrieb.